Unser Blog "Führung wirkt"
Führung wirkt – wenn wir reflektieren, beobachten und die richtigen Fragen stellen. Hier teilen wir Gedanken und Erfahrungen aus Coaching und Organisationspraxis.
Verbindung
Samstag. Herbst Enquete des Verein Hospiz Mödling. Dr. Bardia Monshi erzählt von einem Experiment aus den 1950er Jahren, das mich nicht mehr loslässt. Curt Richter warf Ratten in einen mit Wasser gefüllten Zylinder. (Ja, ein Experiment aus einer Zeit ohne Ethikkommissionen – heute undenkbar & auch nicht mehr nötig, um diese Erkenntnis zu gewinnen.) Wie lange schwamm eine Ratte, bevor sie unterging? Im Durchschnitt: 15 Minuten. Dann die Variation: Der Versuchsleiter zog das Tier kurz vor dem Ertrinken heraus. Trocknete es sorgfältig ab. Und warf es wieder ins Wasser. Wie lange schwamm die Ratte jetzt? 10 Minuten? 20? 30? Ich tippte auf mindestens das Doppelte. Und lag völlig daneben. Die Antwort: 60 Stunden. Nicht Minuten. Stunden. Der einzige Unterschied? Die Ratte hatte einmal Rettung erlebt. Dieses Ereignis reichte aus, um Hoffnung zu entwickeln. Um nicht aufzugeben. Was das für uns bedeutet: Wir reden ständig über Resilienz, als wäre sie eine individuelle Leistung. Als müssten wir nur härter an uns arbeiten, positiver denken, besser durchhalten. Aber vielleicht ist das der falsche Ansatz. Vielleicht brauchen wir weniger Durchhalteparolen und mehr Menschen, die uns das Handtuch reichen. Die uns zeigen: Du wirst nicht untergehen. Mein Learning für die Praxis: Zielvereinbarungen geben Orientierung. Aber sie bewirken keine Wunder, wenn das Netzwerk fehlt. Höchstleistung entsteht nicht durch Einzelkämpfer, sondern durch Teams, die einander stützen. Durch Führungskräfte, die im richtigen Moment Zuversicht vermitteln. Durch Kolleg:innen, die signalisieren: Ich bin da. ▶️ Wann hast du zuletzt jemandem gezeigt, dass Rettung möglich ist? Und wer hat dir das Handtuch gereicht, als du es brauchtest?
Eine lächelnde Frau mit kurzen Haaren und goldenem Schal trägt ein gestreiftes Oberteil vor grünem Hintergrund.
Zwischen alter und neuer Rolle
Die Tür geht nicht auf. Sechs Monate in der Führungsrolle. Onboarding beendet. Aber irgendwas stimmt noch nicht. Die neue Etage hast du noch nicht erreicht. Du fragst dich vielleicht: Bin ich hier überhaupt richtig? Die alte Rolle ist weg. Die neue fühlt sich fremd an. Du hängst zwischen den Etagen – und keiner kann dir sagen wie lange das noch andauern wird. Hier ist, worüber niemand spricht: Diese Phase ist nicht das Problem. Sie ist der Test. Die meisten wollen diese Phase möglichst bald hinter sich bringen. Schnell ankommen, schnell liefern, sich schnell beweisen. Aber genau in diesem "Ich weiß noch nicht alles" liegt die Chance zu fragen: → Was braucht dieses Team wirklich? → Welcher Führungsstil führt hier zum Erfolg? → Wo darf ich loslassen? Wo kann ich neu ansetzen? Die beste Führungskraft im Raum ist nicht die, die sofort alle Antworten hat. Sondern die, die sich erlaubt zu sagen: "Ich bin noch nicht da – und das ist okay." Nach 10 Jahren als Sparring Partner für Führungskräfte weiß ich: Wer diesen Moment aushält, kommt nicht nur oben an. Er kommt richtig an. Und die besten? Die haben in dieser Phase jemanden, der die passenden Fragen stellt. ▶️ Was hat dir am Weg in die neue Rolle geholfen?
Eine lächelnde Frau mit kurzen Haaren und goldenem Schal trägt ein gestreiftes Oberteil vor grünem Hintergrund.
Das Abenteuer beginnt
Führungsrolle: Eine Geschichte, die sich wie von selbst schreibt? Geschafft. Endlich hast du sie: die Führungsrolle. Deine Erwartung: ein neues Kapitel, das sich fast wie von selbst schreiben wird. Die Realität: Du stehst vor dem ersten Teil einer neuen Buchreihe – und die erste Seite ist immer noch leer. So fühlt sich für viele der Moment an, in dem klar wird: Das, was dich zur Expert:in gemacht hat – deine fachliche Tiefe, dein Drive, deine Lösungskompetenz – ist plötzlich weniger gefragt. Stattdessen: Erwartungen aus allen möglichen Richtungen. Konflikte, die gelöst werden wollen. Und eine endlose Liste von Themen, die sich nicht mehr durch "schneller abarbeiten" erledigen lassen. Viele von uns haben vergessen, wie es sich anfühlt, wieder am Anfang zu stehen. Dieses ständige Hinterfragen. Das Feedback, das am Selbstbewusstsein kratzt. Der Druck, sich neu zu beweisen. Als Expert:in warst du irgendwann "angekommen". Als Führungskraft? Fängt der Kreislauf von vorne an. Aber hier liegt auch die Chance: Führung ist Gestaltung. Die Fragen ändern sich: → Wie schaffe ich Wirkung, ohne mich selbst zu verlieren? → Welche Widerstände muss ich überwinden – intern und extern? → Wie bringe ich mein Team voran, ohne im Mikromanagement zu landen? Die Führungsrolle will von dir zum Leben erweckt werden. Die erste Seite schreibst du selbst. Und sie wächst mit jedem Kapitel. ▶️ Was hättest du dir in deinen ersten 100 Tagen als Führungskraft gewünscht zu wissen?
Eine lächelnde Frau mit kurzen Haaren und goldenem Schal trägt ein gestreiftes Oberteil vor grünem Hintergrund.
Das Frequenz‒Paradox
Kommunikation scheitert selten am Inhalt - sondern an der Frequenz.
"Letzte Woche erhielt ich zwei Nachrichten. Und beide Botschaften kamen bei mir nicht an." Nicht schlimm? Denkst du vielleicht. Aber was, wenn du genau deshalb als Führungskraft nicht wirksam sein kannst? Denn genau so funktioniert Kommunikation im Führungsalltag oft: Man sendet auf der falschen Frequenz. 📻 Das Frequenz-Problem in der Führung Ich sehe es ständig: Mitarbeitende werden emotional und die Führungskraft antwortet sachlich-nüchtern. Oder umgekehrt: Eine fachliche Information wird so verpackt, dass sie wie persönliche Kritik ankommt. Das Ergebnis? Man redet aneinander vorbei. Die Botschaft kommt nicht an. Die Wirkung verpufft. Hier ist das Paradoxe: Sachliche Themen brauchen oft die Beziehungsebene, damit sie wirken. Emotionale Anliegen brauchen eine sachliche Rahmung, damit sie gehört werden. Aber wir machen es meist genau umgekehrt. Wir verwechseln, auf welcher Frequenz wir gerade senden sollten. Und dann wundern wir uns, warum unser Gegenüber nicht "empfängt", was wir meinen. 💎 Schulz von Thun hat das mit seinem 4-Ohren-Modell brillant beschrieben: Jede Nachricht hat vier Seiten – Sach-, Selbstoffenbarungs-, Beziehungs- und Appellseite. Ich habe es lediglich etwas vereinfacht – denn im Alltag reichen oft diese zwei Perspektiven, um Themen in Bewegung zu bringen. 💡 ▶️ Wann hast du das letzte Mal bemerkt, dass ihr auf unterschiedlichen Frequenzen gesendet habt – und wie habt ihr wieder zueinander gefunden?
Eine lächelnde Frau mit kurzen Haaren und goldenem Schal trägt ein gestreiftes Oberteil vor grünem Hintergrund.
Glaubenssätze
"Ich muss stark sein." 💪 Dieser Satz läuft in so vielen Köpfen auf Dauerschleife – meist unhinterfragt, oft seit Jahren. Er gibt Halt. Und gleichzeitig fesselt er. Denn wenn aus Stärke eine Pflicht wird, entsteht Druck. Und wenn Schwäche zum Tabu erklärt wird, kostet Verletzlichkeit nicht nur Mut – sondern manchmal auch die Karriere. Letzte Woche saß mir jemand gegenüber. Früher High Potential. Mit Leichtigkeit entwarf er Szenarien, traf mutige Entscheidungen. Heute leitet er ein mäßig performendes Geschäftsfeld. Seine Business Cases werden vermutlich aufgehen – nur wird es viel länger dauern als geplant. Die allgemeine Wirtschaftslage spielt ihm nicht in die Hände. Nun gilt er nicht mehr als High Potential. Der Status ist weg. Als Konkurrenz wird er schon lange nicht mehr wahrgenommen. Das Signal ist klar: Wer mutig Risiken eingeht, verliert – auch wenn die Rückendeckung am Anfang da war. Früher war es vielleicht der Bonus, der ihn antrieb. Heute ist es die blanke Angst, vielleicht den Job zu verlieren, wenn die Strategie nicht aufgeht. Was macht das mit einer Organisation? Brené Brown zeigt in ihrer Forschung: Verletzlichkeit ist keine Schwäche. Sie ist die Voraussetzung für Mut, Vertrauen und Innovation. Echte Führung fängt dort an, wo wir bereit sind, unsere inneren Glaubenssätze zu hinterfragen – auch den, immer stark sein zu müssen. 💎 Vielleicht ist das die eigentliche Stärke, die unsere Leistungskultur braucht: den Mut, nicht immer stark sein zu müssen – und Organisationen, die das aushalten können. Denn seien wir ehrlich: Wir fordern Mut. Aber belohnen Risikovermeidung. ▶️ Welcher Glaubenssatz prägt dein Team oder deine Organisation?
Eine Frau mit kurzen braunen Haaren und einem schwarzen Kleid mit weißen Wellenlinien posiert vor grünen Pflanzen.
Eine Frage der Perspektive
Manchmal entscheidet nicht das Mitspielen über den Erfolg – sondern das genaue Beobachten vom Spielfeldrand. 🏈 In unserer Jugend waren wir ziemlich konträr. Während Nadine lieber auf der Bank saß und das Spiel der anderen beobachtete, zog es mich aufs Football-Feld. Später wechselte ich auf die Trainerbank. Von dort aus haben wir beide genau hingeschaut, zugehört und uns von der Dynamik fesseln lassen. Was wir damals nicht ahnten: Diese Fähigkeiten würden später das Fundament unserer Arbeit als Coaches bilden. 𝗗𝗶𝗲 𝗣𝗲𝗿𝘀𝗽𝗲𝗸𝘁𝗶𝘃𝗲 𝗺𝗮𝗰𝗵𝘁 𝗱𝗲𝗻 𝗨𝗻𝘁𝗲𝗿𝘀𝗰𝗵𝗶𝗲𝗱 Genaues Beobachten, aktives Zuhören und das tiefere Verstehen von Dynamiken – gerade in emotional belastenden Situationen, wenn der Druck hoch und die Gemengelage unübersichtlich ist, wird die scharfe Beobachtungsgabe zum wertvollsten Werkzeug. 💎 In der Führungswelt bedeutet das: Bewusst hinschauen statt schnell urteilen. Fragen stellen statt vorschnelle Antworten geben. Einen Schritt zurücktreten, wenn alle nach vorne drängen. Diese Haltung schafft Raum für Perspektivwechsel und nachhaltige Lösungen. Sie ermöglicht es, Muster zu erkennen, bevor sie zu Problemen werden. Und sie gibt Teams die Sicherheit, dass jemand das große Ganze im Blick hat. ▶️ Wann hat dir genaues Beobachten schon geholfen, eine Situation besser zu verstehen oder einen Konflikt zu entschärfen?
Eine Frau in schwarzem Kleid und ein Mann in grünem Shirt stehen mit verschränkten Armen vor grünem Laub und lächeln.
Achtung Nebenschauplatz
Hast du schon mal erlebt, dass sich eine Diskussion im Unternehmen plötzlich aufschaukelt – und du dich fragst: „Worum geht es hier eigentlich wirklich?“ 🚦 Uns fällt immer wieder auf: Eine scheinbare Belanglosigkeit wird heiß diskutiert und zieht sogar die Aufmerksamkeit von Bereichsleitung oder Vorstand auf sich. Doch wer genauer hinschaut, bemerkt: Unter der Oberfläche brodelt etwas ganz anderes. Oft sind es Gefühle wie Angst oder Scham, die verhindern, offen über die eigentlichen Kernpunkte zu sprechen. 💎 Das erinnert uns an einen Baum: Die sichtbaren Äste stehen für die aktuellen Diskussionen – umringt von Blättern aus Emotionen. Aber die wahre Ursache liegt oft viel tiefer bei den Wurzeln. Erst wenn wir uns trauen, dort hinzuschauen, erkennen wir, was den Baum – oder das Team – wirklich ins Wanken bringt. Genau hier ist Führung gefragt: Sie muss für Stabilität sorgen. Denn wenn ein großer Baum fällt, reißt er oft mehrere Bäume mit um. ▶️ Wie gehst du mit solchen „Nebenschauplätzen“ um? Welche Erfahrungen hast du gemacht, wenn das eigentliche Thema unausgesprochen bleibt?
Ein Mann und eine Frau lächeln in einem sonnigen Park, angelehnt an einen Baumstamm.
So wird deine neue Rolle lebendig
„So habe ich mir das nicht vorgestellt.“ Eine neue Rolle kann sich anfangs einsam anfühlen. Nicht selten folgt eine emotionale Achterbahnfahrt: Schock, Leugnung, Wut, Verhandlung – viele kennen diese Change-Kurve aus eigener Erfahrung. Die wichtigste Erkenntnis aus meiner HR-Praxis: Niemand muss diesen Prozess alleine durchlaufen. Gerade in komplexen Situationen hilft authentisches Sparring, neue Perspektiven zu finden und handlungsfähig zu bleiben – denn häufig drehen wir uns im eigenen Kopf im Kreis, während Lösungen im gemeinsamen Austausch entstehen. 💎 Ob intensiver Austausch bei einem Kaffee, das reaktivierte Netzwerk oder eine kollegiale Fallberatung – Sparring hilft, festgefahrene Themen in Bewegung zu bringen. Es bietet Raum für Reflexion und persönliche Entwicklung und ist oft der Türöffner zu innovativen Lösungen und mehr emotionaler Resilienz. ▶️ Wen suchst du dir, wenn du echten Austausch brauchst – und was macht diese Person oder dieses Format für dich wertvoll?
Ein lächelndes Paar sitzt auf einer Parkbank, der Mann im beigen Poloshirt, die Frau im grünen Kleid.
Zusammen:wachsen
Manchmal reicht ein einziger Satz, um die eigene Richtung zu verändern. Ein Freund sagte einmal zu mir: „Zusammen ist man immer stärker als allein“. Dieser Gedanke blieb hängen. Obwohl ich immer unabhängig sein wollte, wusste ich: Wenn ich den Schritt in die Selbstständigkeit wage, dann nicht allein. Und dann kam das Leben dazwischen: Erst die Liebe, dann die Überraschung. ❤️ Mein Partner – ein Coach. Ich – längst auf demselben Weg. 💎 Diesen Sommer haben wir unsere beiden einzelnen Wege zu einem gemeinsamen Pfad verbunden. Mit Herzblut, Neugier und einer großen Portion „Play!“ haben wir unserer Leidenschaft ein gemeinsames Zuhause gegeben. ▶️ Was bedeutet „gemeinsam wachsen“ für dich – in deiner Partnerschaft, im Team oder als Führungskraft?
Ein Mann in einem gemusterten Hemd und eine Frau in einem pinkfarbenen Kleid stehen lächelnd nebeneinander. Die Frau lehnt sich dabei gegen eine Tür.
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